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PAPST FRANZISKUS

ANGELUS

Petersplatz
Sonntag, 27. November 2022

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag, einen schönen Sonntag!

Im Evangelium der heutigen Liturgie hören wir eine schöne Verheißung, die uns in die Adventszeit einführt: »seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt« (Mt 24,42). Das ist die Grundlage unserer Hoffnung, das ist es, was uns auch in den schwierigsten und schmerzlichsten Momenten unseres Lebens Halt gibt: Gott kommt, Gott ist nahe und kommt. Lasst uns das nie vergessen! Der Herr kommt immer, der Herr besucht uns, der Herr ist nahe, und er wird am Ende der Zeiten wiederkommen, um uns in seine Umarmung aufzunehmen. Angesichts dieses Wortes fragen wir uns: wie kommt der Herr? Und wie können wir ihn erkennen und willkommen heißen? Lasst uns kurz auf diese beiden Fragen eingehen.

Die erste Frage: Wie kommt der Herr? Wir haben schon oft gehört, dass der Herr auf unserem Weg anwesend ist, dass er uns begleitet und zu uns spricht. Aber vielleicht bleibt diese Wahrheit für uns, die wir durch so viele Dinge abgelenkt sind, nur theoretisch; ja, wir wissen, dass der Herr kommt, aber wir leben diese Wahrheit nicht, oder wir stellen uns vor, dass der Herr auf eine sensationelle Art und Weise kommt, vielleicht durch irgendein wunderbares Zeichen. Jesus sagt hingegen, dass es geschehen werde »wie in den Tagen des Noach« (vgl. V. 37). Und was taten sie in den Tagen des Noach? Einfach die normalen, alltäglichen Dinge des Lebens, wie immer: »sie aßen und tranken, heirateten und ließen sich heiraten« (V. 38). Lasst uns das berücksichtigen: Gott ist in unserem Leben verborgen, er ist immer da, er ist in den allergewöhnlichsten und normalsten Situationen unseres Lebens verborgen. Er kommt nicht in außergewöhnlichen Ereignissen, sondern in alltäglichen Dingen, er zeigt sich in alltäglichen Dingen. Er ist da, in unserer täglichen Arbeit, in einer zufälligen Begegnung, im Gesicht eines Menschen in Not, selbst wenn uns die Tage grau und eintönig erscheinen, genau da ist der Herr, der uns ruft, zu uns spricht und unser Handeln inspiriert.

Aber es gibt noch eine zweite Frage: wie können wir den Herrn erkennen und aufnehmen? Wir müssen wach, aufmerksam und wachsam sein. Jesus warnt uns: es besteht die Gefahr, dass wir sein Kommen nicht bemerken und auf seinen Besuch nicht vorbereitet sind. Ich habe bei anderen Gelegenheiten daran erinnert, was der heilige Augustinus sagte: »Ich fürchte den Herrn, der vorbeigeht« (Serm. 88.14.13), das heißt, ich fürchte, dass er vorbeigeht und ich ihn nicht erkennen werde! Von den Menschen zur Zeit des Noach sagt Jesus nämlich, dass sie aßen und tranken »und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte« (V. 39). Achten wir auf Folgendes: Sie ahnten nichts! Sie waren in ihre eigenen Dinge vertieft und merkten nicht, dass die Flut kam. Jesus sagt nämlich, dass dann, wenn er kommt, »von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen [wird]« (V. 40). In welchem Sinne? Worin besteht der Unterschied? Schlicht und einfach darin, dass der eine einfach wachsam war, er wartete, er konnte Gottes Gegenwart im Alltag wahrnehmen; der andere hingegen war abgelenkt, er »schlug sich so gut es eben ging durch« und bemerkte nichts.

Brüder und Schwestern, lassen wir uns in dieser Zeit des Advents aus der Trägheit aufrütteln und vom Schlaf erwachen! Versuchen wir, uns zu fragen: Bin ich mir dessen bewusst, was ich lebe, bin ich aufmerksam, bin ich wach? Bemühe ich mich, Gottes Gegenwart in den Situationen des Alltags zu erkennen, oder bin ich abgelenkt und ein wenig überwältigt von den Dingen? Wenn wir heute sein Kommen nicht bemerken, dann werden wir auch unvorbereitet sein, wenn er am Ende der Zeiten kommt. Brüder und Schwestern, lasst uns also wachsam bleiben! In der Erwartung, dass der Herr kommt, in der Erwartung, dass der Herr sich uns nähert, denn er ist da, aber aufmerksam warten. Und möge die heilige Jungfrau, die Frau der Erwartung, die das Vorbeigehen Gottes im bescheidenen und verborgenen Leben von Nazareth zu begreifen wusste und ihn in ihrem Schoß aufnahm, uns auf diesem Weg zu helfen, aufmerksam zu sein, um den Herrn zu erwarten, der unter uns ist und vorbeigeht.

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Nach dem Angelus:

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit Besorgnis verfolge ich die Zunahme der Gewalt und der Zusammenstöße, die seit Monaten im Staat Palästina und im Staat Israel zu beobachten sind. Letzten Mittwoch wurden bei zwei niederträchtigen Anschlägen in Jerusalem zahlreiche Menschen verletzt und ein israelischer Junge getötet; und am selben Tag ist bei bewaffneten Zusammenstößen in Nablus ein palästinensischer Junge ums Leben gekommen. Die Gewalt tötet die Zukunft, kostet die jüngsten Menschen ihr Leben und schwächt die Hoffnung auf Frieden. Wir beten für diese jungen Männer, die gestorben sind, und für ihre Familien, insbesondere für ihre Mütter. Ich hoffe, dass sich die israelischen und palästinensischen Obrigkeiten mehr um den Dialog bemühen und gegenseitiges Vertrauen aufbauen, ohne das es im Heiligen Land niemals eine Friedenslösung geben wird.

Ich stehe der Bevölkerung der Insel Ischia nahe, die von einer Überschwemmung betroffen wurde. Ich bete für die Opfer, für alle Leidenden und für alle, die an den Rettungseinsätzen mitgewirkt haben.

Und ich erinnere auch an Burkhard Scheffler, der vor drei Tagen hier unter der Kolonnade des Petersplatzes gestorben ist: er ist erfroren.

Ich grüße euch alle, die ihr aus Italien und aus verschiedenen Ländern kommt, herzlich, besonders die Pilger aus Warschau und aus Granada, die Vertreter der rumänischen Gemeinschaft und jene der Gemeinschaft von Osttimor, die in Rom sind, sowie die Ecuadorianer, die das Fest Unserer Lieben Frau von El Quinche feiern. Ich grüße die Ehrenamtlichen des Roten Kreuzes aus Acerenza, die »Ente Nazionale Pro Loco d’Italia«, die Gläubigen aus Turin, Pinerolo, Palermo, Grottammare und Campobasso. Ich richte einen besonderen Dank an die italienischen Brotbäcker, mit dem guten Wunsch, die derzeitigen Schwierigkeiten überwinden zu können.

Ich begrüße die Teilnehmer des Marsches, der heute Morgen stattgefunden hat, um die sexuelle Gewalt gegen Frauen anzuprangern, die leider eine allgemeine und überall verbreitete Realität ist und auch als Kriegswaffe eingesetzt wird. Lasst uns nicht müde werden, Nein zum Krieg zu sagen, Nein zur Gewalt, Ja zum Dialog, Ja zum Frieden, insbesondere für das gequälte ukrainische Volk. Gestern haben wir an die Tragödie des Holodomor erinnert.

Ich sende meine Grüße an das Sekretariat des FIAC (Internationales Forum der Katholischen Aktion), das in Rom zur VIII. Versammlung zusammengekommen ist.

Und ich wünsche allen einen schönen Sonntag und einen guten Weg durch den Advent. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!



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