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EUCHARISTIEFEIER MIT HEILIGSPERCHUNG AUF DEM PETERSPLATZ

PREDIGT VON JOHANNES PAUL II.

Sechster Sonntag der Osterzeit, 16. Mai 2004 

 

1. »Meinen Frieden gebe ich euch« (Joh 14,27). In der Osterzeit hören wir oft diese Verheißung Jesu an seine Jünger. Der wahre Friede ist Frucht des Sieges Christi über die Macht des Bösen, der Sünde und des Todes. Alle, die ihm getreu folgen, werden zu Zeugen und Baumeistern seines Friedens.

Unter diesem Aspekt möchte ich gerne die sechs neuen Heiligen betrachten, die die Kirche heute zur weltweiten Verehrung vorstellt: Luigi Orione, Annibale Maria di Francia, Josep Manyanet y Vives, Nimatullah Kassab Al-Hardini, Paola Elisabetta Cerioli und Gianna Beretta Molla.

2. »Männer, die für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, ihr Leben eingesetzt haben« (vgl. Apg 15,26). Diese Worte aus der Apostelgeschichte können gut auf den hl. Luigi Orione angewendet werden, den Mann, der sich der Sache Christi und seines Reiches vollständig verschrieben hat. Sein apostolischer Dienst war von physischen und moralischen Leiden, von Mühen, Schwierigkeiten, Mißverständnissen und Hindernissen aller Art gekennzeichnet. »Christus, die Kirche, die Seelen« – sagte er – »liebt man, und man dient ihnen am Kreuz, indem man sich kreuzigen läßt, oder aber man liebt sie und dient ihnen überhaupt nicht« (Scritti, 68,81).

Das Herz dieses Strategen der Nächstenliebe war »grenzenlos, weil es von der Liebe Christi geweitet worden war« (ebd., 102,32). Die Leidenschaft für Christus war die Seele seines kühnen Lebensweges, der innere Antrieb einer vorbehaltlosen Selbstlosigkeit, die ständige frische Quelle einer unerschütterlichen Hoffnung.

Dieser einfache Sohn eines Bauarbeiters verkündet, daß »nur die Liebe die Welt retten wird« (ebd., 62,13) und wiederholt allen, daß »die vollkommene Freude nur in der vollkommenen Selbsthingabe an Gott und an die Menschen, an alle Menschen, besteht« (ebd.).

3. »Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten« (Joh 14,23). In diesen Worten aus dem Evangelium erkennen wir das geistliche Profil von Annibale Maria di Francia, den die Liebe zum Herrn drängte, sein ganzes Dasein dem geistlichen Wohl des Nächsten zu widmen. In dieser Sicht spürte er vor allem die Dringlichkeit, das Gebot des Evangeliums zu verwirklichen: »Rogate ergo – Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!« (Mt 9,38).

Er hinterließ den Rogationistenpatres und den Töchtern des Göttlichen Eifers den Auftrag, sich mit allen Kräften zu bemühen, das Gebet für die Berufungen »unaufhörlich und weltweit« fortzusetzen. Pater Annibale Maria Di Francia richtet an die jungen Menschen von heute dieselbe Einladung und faßt sie in der gewohnten Aufforderung zusammen: »Verliebt euch in Jesus Christus!«

Aus dieser providentiellen Intuition ist in der Kirche eine große Gebetsbewegung für die Berufungen entstanden. Ich wünsche von Herzen, daß das Beispiel von Pater Annibale Maria Di Francia diese seelsorgliche Tätigkeit auch in unserer Zeit leitet und stützt. [Nach diesen Worten auf italienisch fuhr der Papst auf spanisch fort:]

4. »Der Heilige Geist, den der Vater euch in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe« (Joh 14,26). Von Anfang an hat der Paraklet Männer und Frauen inspiriert, welche die von Jesus geoffenbarte Wahrheit in Erinnerung gerufen und verbreitet haben. Einer davon war der hl. Josep Manyanet, ein wahrer Apostel der Familie. Indem er sich an der Schule von Nazaret orientierte, verwirklichte er seinen Plan der persönlichen Heiligkeit und widmete sich mit heroischem Eifer der Sendung, die der Heilige Geist ihm anvertraut hatte. Zu diesem Zweck gründete er zwei weibliche Ordenskongregationen. Ein sichtbares Zeichen seines apostolischen Eifers ist auch die Kirche der »Sagrada Familia« in Barcelona. [In katalanischer Sprache sagte der Papst:]

Der hl. José Manyanet segne alle Familien und helfe euch, das Vorbild der Heiligen Familie in eure Häuser zu tragen! [Johannes Paul II. setzte seine Predigt auf französisch fort:]

5. Nimatullah Kassab Al-Hardini, ein Mann des Gebets, der die Eucharistie liebte und gerne vor ihr in Anbetung verweilte, ist ein Vorbild für die Mönche des libanesischen Maronitenordens ebenso für seine libanesischen Brüder und für alle Christen in der Welt. Er schenkte sich ganz dem Herrn in einem Leben des vollkommenen Verzichtes, indem er zeigte, daß die Liebe Gottes die einzige wahre Quelle der Freude und des Glücks für den Menschen ist. Er bemühte sich mit aller Kraft, Christus, seinen Meister und Herrn, zu suchen und ihm nachzufolgen.

Indem er seine Brüder aufnahm, schenkte er Trost und heilte viele Wunden im Herzen seiner Zeitgenossen durch sein Zeugnis von der Barmherzigkeit Gottes. Sein Beispiel erhelle unsern Weg und wecke insbesondere unter den Jugendlichen die echte Sehnsucht nach Gott und nach Heiligkeit, um der Welt von heute das Licht des Evangeliums zu verkünden!

6. Der Engel »zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam« (Offb 21,10). Das herrliche Bild, das in der Offenbarung des Johannes dargeboten wird, unterstreicht die Schönheit und geistliche Fruchtbarkeit der Kirche, des neuen Jerusalems. Besonders bezeugt wird diese geistliche Fruchtbarkeit von Paola Elisabetta Cerioli, deren Dasein reiche Früchte an Gutem hervorbrachte.

Als Paola Elisabetta die Heilige Familie betrachtete, begriff sie, daß die Familie als Gemeinschaft fest verbunden bleibt, wenn die verwandtschaftlichen Bande durch die Übereinstimmung in den Werten des christlichen Glaubens und der Kultur gestützt und gefestigt werden. Um diese Werte zu verbreiten, gründete die neue Heilige das Institut der Heiligen Familie. Denn sie war davon überzeugt, daß die Kinder, um sicher und gut aufzuwachsen, eine gesunde und geeinte, großmütige und festgefügte Familie brauchen. Gott helfe den christlichen Familien, in jeder Lage die Liebe des barmherzigen Gottes anzunehmen und zu bezeugen.

7. Gianna Beretta Molla war eine einfache, aber sehr bedeutsame Botin der göttlichen Liebe. Wenige Tage vor der Hochzeit schrieb sie in einem Brief an ihren künftigen Ehemann: »Die Liebe ist das schönste Gefühl, das der Herr ins Herz der Menschen gelegt hat

Nach dem Beispiel Christi, der »die Seinen liebte und ihnen seine Liebe bis zur Vollendung erwies« (vgl. Joh 13,1), hielt sich diese heilige Familienmutter in heroischer Treue an die am Hochzeitstag übernommene Verpflichtung. Das äußerste Opfer, das ihr Leben besiegelte, zeugt davon, daß nur derjenige, der den Mut hat, sich Gott und den Brüdern ganz zu schenken, sich selbst verwirklicht.

Möge unsere Zeit durch das Beispiel von Gianna Beretta Molla die reine, keusche und fruchtbare Schönheit der ehelichen Liebe wiederentdecken, die als Antwort auf den göttlichen Ruf gelebt wird!

8. »Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht« (Joh 14,27). Die irdischen Lebensschicksale dieser sechs neuen Heiligen spornen uns an, auf dem eigenen Weg durchzuhalten im Vertrauen auf die Hilfe Gottes und unter dem mütterlichen Schutz Mariens. Vom Himmel aus mögen sie nun über uns wachen und uns durch ihre mächtige Fürsprache unterstützen.

 

 

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