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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN BISCHÖFE AUS SKANDINAVIEN
ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Freitag, 8. Oktober 1982

 

Liebe Brüder in unserem Herrn Jesus Christus!

1. Wie vor fünf Jahren seid Ihr nun wieder nach Rom ”ad limina Apostolorum“ gekommen, um als die Hirten der Kirche in Skandinavien an den hiesigen Gedenkstätten der Apostel zu beten und Petrus in seinem Nachfolger zu begegnen. Beim letzten Mal war das Paul VI.; heute begegnet Ihr mir. Seit Eurem letzten Besuch sind nun auch mit Dänemark, Norwegen und Schweden die diplomatischen Beziehungen voll aufgenommen, was mich mit dankbarer Freude erfüllt. Im Gegensatz zu jenem Besuch im Jahre 1977 ist der bischöfliche Stuhl von Stockholm wieder besetzt, und so heiße ich in Eurer Mitte besonders Bischof Brandenburg willkommen. Es ist dies sein erster Ad-limina-Besuch als Hirte der Kirche in Schweden. Liebe Brüder, in unserer Begegnung erneuert sich das Geheimnis apostolischer Sukzession und kirchlicher Kommunion. Das ist die Wirklichkeit, die wir heute miteinander begehen. Euer Ad-limina-Besuch hat eine tiefe Bedeutung. In ihm vollzieht sich kirchliche Kommunion, und zwar für die Gesamtkirche und für Eure Ortskirchen - ein lebendiger Austausch der Liebe im großen Kraftfeld kirchlicher Einheit.

2. Von seiten des Bischofs von Rom ist die Begegnung ”ad limina“ ein Akt ehrender Wertschätzung für Eure Ortskirchen, in denen Jesus Christus lebt; ein Akt der Verehrung gegenüber dem Wort Gottes, wie es im Herzen Eurer Gläubigen Wurzel geschlagen und sich in Euren Ländern ausgebreitet hat - durch Eure großen Glaubensboten Ansgar, Knut, Heinrich, Olaf, Erich, Brigitte, Katharina und so viele andere. Euer Besuch gibt mir die Gelegenheit, all jener Hochachtung Ausdruck zu verleihen, welche der Heilige Stuhl den Anstrengungen gegenüber empfindet, die dank der Gnade des Heiligen Geistes im Laufe der christlichen Geschichte Eurer Länder gemacht wurden, damit die Heilsbotschaft gepredigt und gelebt werde. Durch diesen Dienst des Nachfolgers Petri wird Euer Ad-limina-Besuch somit zu einer Begegnung, in welcher die Weltkirche die Ortskirchen in Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden in katholischer Einheit liebend umarmt.

3. Von Eurer Seite bedeutet der Besuch in Rom eine neue Hingabe an Euren pastoralen Auftrag, ”den unergründlichen Reichtum Christi zu verkündigen“; einen Auftakt erneuerten apostolischen Einsatzes aus der erneuten Erfahrung des Haltes, mit welchem Euch Eurer Bruder-Bischof von Rom aus im Glauben Petri bestärkt. Und diese brüderliche Stütze der Bestärkung im Glauben ist zugleich eine neue Garantie der übernatürlichen Fruchtbarkeit all Eurer Anstrengungen für das Reich Gottes. In Euch, den Hirten der Herde und geistlichen Führern des Volkes Gottes, ist jede kirchliche Gemeinschaft eingeladen, als lebendiger Teil der ganzen Kirche ihren Glauben am Glauben Petri auszurichten und ihre Entschlossenheit zu einem christlichen Leben zu erneuern.

4. Das ist der lebendige Zusammenhang, in welchem der Bischof von Rom bei Eurem Ad-limina-Besuch zu Euch, seinen Brüdern im Bischofsamt, spricht. Er weiß dabei um die Lebensbedingungen der Kirche Gottes in Skandinavien. Eure Geschichte, Eure Kultur, die Umstände, in welchen Ihr lebt, drängen mich zu einem besonderen Wort brüderlicher Stütze. Die Weltkirche ist sich bewußt, daß Ihr Euer Apostolat unter schwierigen klimatischen Bedingungen und in relativ kleinen, weit verstreuten Gemeinden von Katholiken ausübt. Das tägliche Leben spielt sich weitgehend inmitten eines großen materiellen Fortschritts ab, der nicht nur Gutes bedeutet; ist er doch von der Versuchung zu falscher Säkularisierung und zur Verdrängung Gottes aus dem Leben des Menschen begleitet. Das alles ist eine Herausforderung für Euren Dienst; und um Euch in ihm gerade in dieser Hinsicht zu bestärken, möchte ich zu Euch über die Hoffnung sprechen.

5. Die Hoffnung, von der ich spreche, ist gemeint als theologische Tugend, die Vertrauen erzeugt und, damit verbunden, Gelassenheit und Freude. In der Mitte unseres Lebens und Dienstes, liebe Mitbrüder, steht ”Christus Jesus, unsere Hoffnung“. Auf ihn haben wir alle unsere Hoffnung gesetzt; er selbst ist wirklich unsere Hoffnung geworden, und das nicht zunächst wegen irgendwelcher Werke und Taten, die wir vollbracht hätten, sondern aufgrund einer Zusage. Die Zusage Christi an die Apostel steht über der ganzen Heilsgeschichte und durchwirkt alles apostolische Handeln: ”Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“. Auf dieser Zusage Christi beruht unsere Hoffnung, auf seinem Wort und seinem erlösenden Handeln. Jesus Christus wollte uns durch seine Heilsbotschaft erlösen; denn sie ist ”eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt“. Die Verkündigung dieser Frohen Botschaft erreicht ihren Höhepunkt im eucharistischen Opfer, das täglich in der Liturgie der Kirche gegenwärtig wird. Ja, trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse haben wir unsere Hoffnung auf Jesus Christus gesetzt. Unser ganzer Dienst gilt der Hoffnung: Wir sind dazu berufen, Hoffnung zu verkünden und an Beispielen aufzuzeigen; wir sollen beten, daß die Kirche in jener Hoffnung lebt, zu der sie geboren ist. Niemand hat dies besser verstanden als der Apostel Petrus. Hört seine Worte:”Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinem großen Erbarmen neu geboren, damit wir durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten eine lebendige Hoffnung haben“. Unsere Hoffnung ist unerschütterlich, weil sie eine Ostergabe ist, die der auferstandene Herr selbst in unsere Herzen gesenkt hat. Dieses Geheimnis müssen wir leben und verkünden: Wir sind neu geboren zu einer lebendigen Hoffnung.

6. Mit dieser Hoffnung auf Christus im Herzen ringen wir zum Beispiel um die Wiederherstellung der vollen Einheit der Christen, wie er sie will. All unser ökumenisches Wirken ist von der Hoffnung motiviert und geht von der unbegrenzten Macht des Kreuzesopfers Christi aus, ”um die versprengten Kinder Gottes wieder zu sammeln“. Wir sind uns gewiß, daß die christliche Einheit zur gottgewollten Zeit wiederhergestellt werden kann, weil sie ja gerade Gegenstand des Betens Christi ist. Und dessen Wirksamkeit übersteigt unsere Einsicht und Vorstellung. Während Ihr Euch weiterhin an die Fülle katholischer Lehre haltet und ein echt katholisches Zeugnis gebt, verehrte Mitbrüder, solltet Ihr alle wertvollen Bemühungen fortsetzen, zusammen mit Euren protestantischen Mitchristen ein gemeinsames Zeugnis für Jesus Christus abzulegen. Es gibt ja in der Tat viele Bereiche und Inhalte des christlichen Lebens, die gemeinsam vertreten werden können und sollen, ”damit die Welt glaubt“. Die Tugend der Hoffnung gibt uns auch die Überzeugung, daß die geistige Erneuerung, die Gottes Kraft unter Euren Gläubigen angeregt hat, noch zunehmen kann und so vielleicht eine Macht wird, welche die Gesellschaft von innen her durchformt.

7. Christliche Hoffnung drückt sich auch aus in einer Haltung übernatürlichen Vertrauens. Gerade weil wir auf den Herrn all unsere Hoffnung setzen, vertrauen wir auch darauf, daß er unser Bemühen unterstützt, eine Gemeinde des Glaubens und der Liebe unter den Menschen zu bilden. Weiterhin vertrauen wir darauf, daß das Reich Gottes wirklich durch das Handeln Christi wächst, der in den Gliedern seines mystischen Leibes lebt, durch sie wirkt und in ihnen betet. Christus forderte uns auf, die Frohe Botschaft zu verkünden und die Menschen ”zu lehren, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“; er sicherte uns jedoch keinen Erfolg nach den Maßstäben dieser Welt zu. Und doch sind unsere Herzen voller Vertrauen, weil wir die Kraft seines Wortes kennen. Wir wissen, daß Christus uns den Auftrag gegeben hat, das Evangelium in seiner Fülle zu predigen, und daß er durch die Macht des Heiligen Geistes seinem Volk die Kraft geschenkt hat, seinem Wort eine hochherzige Antwort zu geben und Früchte der Gerechtigkeit und eines heiligmäßigen Lebens hervorzubringen. Dieses Vertrauen bestimmt uns, wenn wir der Welt zu zeigen versuchen, daß pastorale Feinfühligkeit nicht abgelöst sein darf von eindeutiger Treue zu Jesus Christus und zur Fülle seiner Botschaft: ”. . . lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“. Wenn wir uns darum bemühen, dem Herrn zu gehorchen, und seine Botschaft all denen verkünden, die sie bereitwillig anhören, dann wächst in unseren Herzen die Zuversicht, daß wir dadurch auch der Sache des Menschen dienen und der Gesellschaft im allgemeinen einen besonderen Beitrag leisten. Wenn auch unsere Predigt nur von der kleinen Herde angenommen wird, bewirkt sie doch ein Bewußtsein von Gott in der ganzen menschlichen Gemeinschaft. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf Sünde und Erlösung. Auch das ist ein Grund dafür, zuversichtlich und froh zu sein, denn wir helfen dadurch der Kirche, ihre grundlegende Aufgabe zu erfüllen, ”den Blick des Menschen, das Bewußtsein und die Erfahrung der ganzen Menschheit auf das Geheimnis Gottes zu lenken und auszurichten, allen Menschen zu helfen, mit dem tiefen Geheimnis der Erlösung, die sich in Christus ereignet hat, vertraut zu werden“.

8. Die Zuversicht und frohe Gelassenheit, die Euch durch Eure übernatürliche Hoffnung auf Jesus Christus beseelt, ist in der Tat eine Kraft, die Ihr auch Euren Gläubigen vermitteln sollt. Ich bin besonders davon überzeugt, daß Euer persönlicher Kontakt mit Euren Seminaristen - von denen ich einigen bei einer kürzlichen Audienz auf dem Petersplatz begegnet bin - eine Ermutigung für sie sein wird, ihre ganze Hoffnung auf Christus zu setzen. Was ihre Vorbereitung auf das Priestertum betrifft, so bin ich sicher, daß Ihr alles Euch Mögliche tun werdet, damit sie immer wirksamer gestaltet wird und so die Erwartungen des II. Vatikanischen Konzils bezüglich der Seminarerziehung voll erfüllt.

9. Die Bedeutung des Zeugnisses, das die Ordensleute - auch jene mit strenger Klausur - in Skandinavien geben sollen, kann nicht genug betont werden. Schon ihre bloße Anwesenheit unter den Menschen spricht von Gott und bekundet den Glauben an eine Wiedergeburt zu einer lebendigen Hoffnung. Kurzlich erhielt ich von einer evangelischen Christin aus Island einen schönen Brief, in dem sie die Wertschätzung und Zuneigung bekräftigte, die so viele Menschen für das Ordensleben empfinden. Im großen Werk der Evangelisierung ist es Eure Aufgabe als Bischöfe, zusammen mit Euren Priestern die katholischen Laien in ihrem Apostolat zu bestärken. Ihr Zeugnis wird das authentische Zeugnis von Christen sein, die in ihrer weltlichen Tätigkeit nach der Botschaft Jesu leben und die Welt wie einen Sauerteig von innen her verwandeln. Wenn ihr Virken durch die Gnade beseelt ist, so trägt es nicht nur zu ihrer eigenen Heiligung bei, sondern auch zur Errettung der Welt. Durch das treue Zeugnis von Laienchristen kann die Welt die Bedeutung der Hoffnung auf Jesus Christus erkennen. Indem ich vor Euch diese Hoffnung besonders hervorhebe, ist es mein Wunsch, daß Ihr Eurerseits mit Petrus in einer ”Wiedergeburt zu einer lebendigen Hoffnung“ das Volk Gottes in Skandinavien bestärkt. Laßt uns zusammen in der vollen Kollegialität des Bischofsamtes alle unsere Priester, Ordensleute und Laien dazu ermutigen, fest zu bleiben in der Hoffnung des Evangeliums. Laßt uns mit den Worten des Psalmisten immer wieder den Gläubigen zurufen: ”Habt Mut . . ., ihr alle, die ihr auf Gott eure Hoffnung setzt“. 

 

 

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